Dringender Handlungsbedarf: Fachkräftemangel in der Schweiz verschärft sich

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Inhaltsverzeichnis

  1. Einleitung
  2. Die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt
  3. Ursachen des Fachkräftemangels
  4. Wertschöpfungsverluste durch Vakanzen
  5. Unterschiede zwischen öffentlichem und privatem Sektor
  6. Lösungsansätze und Perspektiven
  7. Zusammenfassung

1. Einleitung

Der Fachkräftemangel in der Schweiz hat sich in den letzten Jahren drastisch verschärft. Besonders betroffen sind technische Berufe wie Heizungsinstallateure und technische Zeichner. Diese Stellen bleiben oft mehrere Monate unbesetzt, was erhebliche wirtschaftliche Konsequenzen hat. Im Gegensatz dazu können Stellen im öffentlichen Sektor, die meist Uni-Absolventen ansprechen, schneller besetzt werden. Dieser Artikel beleuchtet die Ursachen des Fachkräftemangels, die daraus resultierenden Wertschöpfungsverluste und mögliche Lösungsansätze.

2. Die aktuelle Situation auf dem Arbeitsmarkt

Wer einen Heizungsinstallateur oder technischen Zeichner einstellen will, muss im Durchschnitt 75 Tage, also zweieinhalb Monate, suchen. Für besonders qualifizierte Fachkräfte kann die Suche sogar bis zu vier Monate dauern. Stellen für Poliere, Sanitärinstallateure und andere technische Kaderpositionen bleiben oft mehr als zwei Monate offen, bei anspruchsvolleren Positionen sogar bis zu vier Monate.

Diese langen Vakanzzeiten sind nicht nur ein Problem für die betroffenen Unternehmen, sondern führen auch zu erheblichen Wertschöpfungsverlusten. Der Schweizerische Arbeitgeberverband schätzt diese Verluste auf insgesamt 5 Milliarden Franken pro Jahr.

3. Ursachen des Fachkräftemangels

Bildungs- und Strukturprobleme

Eine der Hauptursachen für den Fachkräftemangel liegt im Bildungssystem. In den letzten Jahren hat sich der Arbeitsmarkt still und leise gewandelt: Es fehlen vor allem Fachkräfte mit einer Berufslehre und anschliessender Weiterbildung, nicht unbedingt Uni-Absolventen. Besonders Techniker, Teamchefs und Gruppenleiter, die das mittlere Management in der Wirtschaft tragen, sind rar.

Spezifische Engpässe

Der Ärztemangel ist ein bekanntes Problem, wird jedoch in den Spitälern durch den Mangel an diplomierten Pflegefachpersonen und Spezialisten für Intensivpflege und Palliative Care noch verstärkt. Im Bau- und Energiesektor fehlen Solar-Monteure, Gebäudeinformatiker und Wärmepumpenspezialisten. Auch im IT-Bereich gibt es Engpässe bei Applikationsentwicklern, Betriebsinformatikern und Security-Technikern.

4. Wertschöpfungsverluste durch Vakanzen

Die langen Vakanzzeiten bei technischen und handwerklichen Berufen führen zu erheblichen Wertschöpfungsverlusten. Der Schweizerische Arbeitgeberverband schätzt, dass durch die unbesetzten Stellen jährlich etwa 5 Milliarden Franken verloren gehen. Diese Verluste entstehen, weil Projekte nicht rechtzeitig abgeschlossen werden können, was zu Verzögerungen und erhöhten Kosten führt.

5. Unterschiede zwischen öffentlichem und privatem Sektor

Interessanterweise zeigt die gleiche Erhebung, dass ausgeschriebene Arbeitsstellen im öffentlichen Sektor – die meist Uni-Absolventen betreffen – im Durchschnitt in weniger als 30 Tagen besetzt sind. Dies deutet darauf hin, dass es in diesen Berufen keinen generellen Fachkräftemangel gibt. Stattdessen herrscht in einigen Bereichen sogar ein Überangebot an Arbeitskräften, insbesondere bei Geistes- und Sozialwissenschaftlern.

Gründe für die schnellen Besetzungen im öffentlichen Sektor

Ein Grund für die schnellen Besetzungen im öffentlichen Sektor ist, dass diese Positionen oft attraktivere Arbeitsbedingungen bieten. Dazu gehören geregelte Arbeitszeiten, gute Sozialleistungen und eine höhere Arbeitsplatzsicherheit. Diese Vorteile machen Stellen im öffentlichen Dienst besonders für Uni-Absolventen attraktiv.

6. Lösungsansätze und Perspektiven

Aufwertung der Berufsausbildung

Um dem Fachkräftemangel entgegenzuwirken, muss die Berufsausbildung aufgewertet werden. Die Eidgenössische Hochschule für Berufsbildung (EHB) hat in einer Langzeitstudie gezeigt, dass der Arbeitsmarkt Fachkräfte mit höherer Berufsbildung – also Absolventen einer höheren Fachschule oder mit einer Berufs- und höheren Fachprüfung – stärker nachfragt als Uni-Absolventen.

Einführung von Professional Bachelor und Master

Um die Attraktivität der Berufsausbildung weiter zu steigern, sollen die 440 Berufsbezeichnungen in der höheren Berufsbildung nach dem Willen von Bundesrat Guy Parmelin mit dem Titel “Professional Bachelor” oder “Professional Master” aufgewertet werden. Dieses Vorhaben wird von den meisten Wirtschaftsverbänden unterstützt, jedoch von den Swissuniversities aus standespolitischen Gründen bekämpft.

Anpassung des Bildungssystems

Die zunehmende Zahl der Gymnasiasten und die damit verbundene Abwertung der Berufslehre tragen zum Fachkräftemangel bei. Um diesem Trend entgegenzuwirken, müssen Bildungsangebote und Karrieremöglichkeiten in der Berufsausbildung attraktiver gestaltet werden. Dies kann durch Weiterbildungsangebote und flexible Arbeitszeiten geschehen, die eine bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie ermöglichen.

Reduzierung der Überzahl an Uni-Absolventen

Ein weiteres Problem ist die Überzahl an Studierenden in Geistes- und Sozialwissenschaften. Die Hochschulabsolventenbefragung zeigt, dass durchschnittlich 48 Prozent der Uni-Absolventen ein Jahr nach Studienabschluss keine feste Anstellung haben. Bei den Fachhochschulen sind es nur 14 Prozent. Fünf Jahre nach dem Abschluss sind immer noch 28 Prozent der Uni-Absolventen ohne feste Stelle, während es bei den Fachhochschulen nur 5 Prozent sind. Diese Zahlen zeigen, dass die Universitäten teilweise am Arbeitsmarkt vorbei ausbilden.

Verbesserung der Arbeitskultur

Eine weitere Herausforderung ist die wachsende Kluft zwischen praxisorientierten Fachkräften und akademischen Berufen. Diese Kluft manifestiert sich in einer sichtbaren politischen Spaltung zwischen der berufspraktischen KMU-Wirtschaftselite und der akademisch geschulten Bildungselite. Um diese Spaltung zu überwinden, müssen beide Seiten mehr Verständnis füreinander entwickeln und enger zusammenarbeiten.

7. Zusammenfassung

Der Fachkräftemangel in der Schweiz ist ein komplexes Problem, das durch Bildungs- und Strukturprobleme, spezifische Engpässe in bestimmten Branchen und eine unzureichende Anpassung des Bildungssystems an die Bedürfnisse des Arbeitsmarktes verursacht wird. Die langen Vakanzzeiten führen zu erheblichen Wertschöpfungsverlusten, die auf 5 Milliarden Franken pro Jahr geschätzt werden. Um dieses Problem zu lösen, müssen Berufsausbildungen aufgewertet, das Bildungssystem angepasst und die Arbeitskultur verbessert werden. Durch gezielte Massnahmen können die Attraktivität technischer und handwerklicher Berufe gesteigert und der Fachkräftemangel langfristig reduziert werden.

Roberto Laezza, CEO von Planova Human Capital AG, betont die Notwendigkeit, die Arbeitsbedingungen zu verbessern und die Berufsausbildung aufzuwerten, um dem Fachkräftemangel effektiv entgegenzuwirken.